Zur Erstellung der Planungsgrundlage für ein georeferenziertes BIM-Modell stehen dir in der Regel die amtlichen Grundlagen in Form der Vermessung des Baugrundstücks sowie die Geobasisdaten der Vermessungsämter zur Verfügung. Zur sinnvollen Einbindung dieser Daten in einen BIM-Workflow sind einige grundlegenden Überlegungen zu Beginn hilfreich.
Themen: Vermessung, Geobasisdaten, Geländemodell, Gebäudemodell, Orthofotos
Ein Projekt startet mit dem Einrichten der CAD-Grundlagendatei auf Basis des örtlichen Aufmaßes des Vermessungsingenieurs. Die vom Vermesser bereitgestellten Daten enthalten meistens eine unstrukturierte Mischung aus 2D- und 3D-Objekten in einer DWG/DXF-Datei sowie eine Liste der Höhenpunkte als Textdatei.
Bevor diese Daten in die BIM-Autorensoftware importieren werden, sind folgende Grundlagen zu ermitteln bzw. zu prüfen:
- In welchem Koordinatensystem wurde das Aufmaß erstellt?
- In welchem Höhensystem wurde das Aufmaß erstellt?
- Sind alle relevanten Höhenpunkte und Bruchkanten aufgenommen worden und sind diese zur Erstellung eines digitalen Geländemodells (DGM) geeignet?
Die ersten beiden Fragen können meistens aus dem Stempelfeld des Lageplans des Aufmaßes oder auf Nachfrage bei Vermessungsingenieur geklärt werden. Sie bilden Grundlage für die Georeferenzierung des Projektes (siehe Kapitel Georeferenzierung und Koordinatensysteme Georeferenzierung und Koordinatensysteme).
Die Frage nach den Höhenpunkten ist nicht ganz so einfach zu beantworten, da ihre Beantwortung stark von der Bestandsoberfläche des Projektgebiets abhängt. Bei einem Neubauprojekt auf einer ehemaligen landwirtschaftlichen Fläche mit gleichmäßigen Geländemodulationen ist ein homogenes Höhenpunktraster zur Erstellung eines digitalen Geländemodells meistens ausreichend. Bei einer Bestandoberfläche mit starken Gefällewechseln aufgrund von Böschungen, Mauern oder Treppenanlagen, reicht die Informationsdichte eines homogenen Höhenpunktrasters zur Generierung des Geländemodells nicht mehr aus. Um die Böschungsober- und -unterkanten zu generieren, sind Bruchkanten in Form von 3D-Polygonen entlang dieser Kanten notwendig.
Am Beispiel des digitalen Aufmaßes eines Vorplatzes eines S-Bahn-Haltepunktes wird das Vorgehen zur Prüfung und die Problematik der Bruchkanten deutlich.
Bei der Prüfung des Aufmaßes ist zu erkennen, dass die Datei aus mehreren Bestandteilen besteht:
- einem 2D-Katasterplan
- einem 2D-Aufmaß der Topografie, in dem die Höhenpunkte nur als 2D-Symbole mit Höhenkoten als Texteinträgen vorliegen
- einer ergänzenden Vermessung in Randbereichen mit 3D-Höhenpunkten und ebenen Polygonen, die auf verschiedenen Höhen liegen
Diese Mischung aus 2D- und 3D-Daten entspricht der aktuellen Arbeitsweise der meisten Vermesserungsingenieure. Eine saubere Trennung von 2D- und 3D-Daten auf unterschiedlichen Layern sowie die Bereitstellung aller bei der Vermessung erfassten 3D-Daten ist leider nicht der Standard. Aus diesen Daten ist in dieser Form kein dreidimensionales Geländemodell erstellbar. Um aus diesen Daten ein digitales Geländemodell des Bestands zu erzeugen sind mehrere, zum Teil relativ aufwändige Arbeitsschritte notwendig:
- manuelles Einfügen von 3D-Höhenpunkten auf Basis des 2D-Aufmaßes oder Import der Höhenpunktliste (falls vorhanden)
- Konstruktion von Bruchkanten als 3D-Polygone entlang der Kanten von Böschungen, Mauern und Treppen
- Anlegen eines Geländemodells aus den 3D-Höhenpunkten und -Polygonen
In der folgenden Abbildung wurde das Geländemodell einmal ohne und einmal mit Bruchkanten erstellt. Deutlich sind die Unterschiede in den generierten Geländemodellen zu erkennen. Ohne die Bruchkanten verbindet der Algorithmus zur Triangulation der Geländeoberfläche benachbarte Höhenpunkte auf kürzestem Weg miteinander. Der Algorithmus kann die Logik der Lage der Höhenpunkte, also welche Höhenpunkte bilden zusammen eine Geländekante, nicht erkennen.
Der logische Zusammenhang zwischen Höhenpunkten, die eine Geländekante bilden, muss manuell über ergänzenden Geometrien hergestellt werden. Diese Aufgabe übernehmen die orange dargestellten 3D-Polgone der Bruchkanten.
Das aus der Bestandsvermessung erstellte digitale Geländemodell (DGM) der Bestandsoberfläche stellt eine der wichtigsten Planungsgrundlagen der Freianlagenplanung dar. Das Geländemodell muss dabei in der verwendeten BIM-Autorensoftware als parametrisches Objekt erstellt werden, damit es für die folgenden Planungsprozesse durch die entsprechenden Tools modellierbar ist. Ein trianguliertes, nicht parametrisches Geländemodell, das aus der Software des Vermessungsingenieurs exportiert wurde, ist für die weitere Freiraumplanung nicht geeignet.
Amtliche Geobasisdaten
Neben der Bestandsvermessung des eigentlichen Projektgebiets ist auch die räumliche Umgebung für die Freiraumplanung relevant. Die amtlichen Geobasisdaten bilden die länderübergreifende Geodateninfrastruktur Deutschlands zu planungsrelevanten Themenbereichen wie Bauen & Wohnen, Mobilität & Verkehr, Umwelt & Klima sowie vielen weiteren Themen mit räumlichen Bezug.
Die amtlichen Geobasisdaten werden online von den Landesvermessungsämtern als webbasierte Geodatendienste zur Verfügung gestellt. Die in Datenbanken abgelegten Geobasisdaten (georeferenzierte Punkte, Linien und Flächen mit Koordinaten- und Höhenangaben, Nutzungen und weiteren topografischen oder inhaltlichen Informationen) können mittels verschiedener Webservices abgefragt und als Karten oder in räumlichen Modellen visualisiert werden. Um eine möglichst hohe Interoperabilität der bereitgestellten Geobasisdaten für alle potenziellen Anwendungen zu erreichen, sind die Datendienste als OpenGIS Web Services (OWS) durch das Open Geospatial Consortium (OGC) weltweit standardisiert. Quelle Open Geospatial Consortium: Homepage
Zu den wichtigsten Datendiensten der OpenGIS Web Services für die Landschaftsarchitektur und -planung gehörten:
- WMS – Web Map Service: Visualisierung der Geobasisdaten als Karte in einem Pixel-Format (JPEG2000, TIFF, PDF)
- WFS – Web Feature Service: Download der als Vektordaten vorliegenden räumlichen Geobasisdaten (Shape-Files, ASCII, CVS, LAZ, XYZ)
- WCS – Web Coverage Service: Abfrage und Bereitstellung vorhandener Geometrien und Informationen eines räumlichen Ausschnitts der Geobasisdaten zur weitere informationstechnischen Verarbeitung (GML, CityGML, NAS)
Aus den aktuell über 400 Kartenthemen der deutschen Geobasisdaten eignen sich als Grundlage für die Freiraumplanung insbesondere die vier Themen Geländemodell, Gebäudemodell, Liegenschaftskataster und Orthofotos.
Zur Abfrage der thematischen Daten und Erstellung der entsprechenden Kartenausschnitte existieren zwei einfache und praktikable Workflows, die für die Anforderungen der Landschaftsarchitektur geeignet sind.
Internetanwendungen der Vermessungsämter
Über die auf den Homepages der Vermessungsämter des Landes, der Kreise und der Städte bereitgestellten Web-Applikationen können die umfangreichen Geobasisdaten bequem abgefragt und in Karten visualisiert werden. Die so erstellten Kartenausschnitte stehen in einem frei definierten Ausschnitt und Maßstab als Karte in einem georeferenzierten Pixelformat zum Download bereit.
Über eine Download-Funktion im Mapviewer oder auf der Homepage der Vermessungsämter können weitere Geobasisdaten wie die Vektordaten des Liegenschaftenkataster oder digitale Gelände- oder Gebäudemodelle heruntergeladen werden. Über diese Downlaod-Funktionen werden die gewünschten Daten leider oftmals nur kostenpflichtig oder in großmaßstäblichen Blattschnitten von 1 km² bis 16 km² oder sogar nur landesweit bereitgestellt, so dass noch einiges an Nachbearbeitung notwendig ist, bis man die Daten separiert hat, die man für das jeweilige Projekt benötigt.
Desktop-Geoinformationssysteme (GIS)
Ein komfortabler und kostenloser Weg ist die Nutzung eines GIS-Programms oder der im CAD-Programm implementierten GIS-Funktionalität zum Download der amtlichen Geobasisdaten. Dabei wird ein Zeichnungslayer direkt mit einer Datenquelle des OWS-Servers eines Landesvermessungsamts verknüpft. Die jeweiligen URLs der Datendienste sind auf den Homepages der Landesvermessungsämter veröffentlicht.
Beispiel der wichtigsten URLs Geobasisdaten Nordrhein-Westfalen:
- Digitales Landschaftsmodell DLM (ATKIS Basis-DLM, 2D Vectordaten, Dienst WFS 2.0): https://www.wfs.nrw.de/geobasis/wfs_nw_atkis-basis-dlm_aaa-modell-basiert
- Amtliche Basiskarte ABK (Liegenschaftskataster, 2D Pixeldaten, Dienst WMS): https://www.wms.nrw.de/geobasis/wms_nw_abk
- Digitale Orthophotos DOP (Luftbilder, 2D Pixeldaten, Dienst WMS): https://www.wms.nrw.de/geobasis/wms_nw_dop
- Digitales Geländemodell DGM (3D Höhenpunkte, 1m-Raster, Dienst WCS): https://www.wcs.nrw.de/geobasis/wcs_nw_dgm
- 3D-Gebäudemodelle (3D-Volumenkörper, LOD1, Dienst WFS): https://www.wfs.nrw.de/geobasis/wfs_nw_3d-gebaeudemodell_lod1
Die ausgewählten Kartenlayer können dann als georeferenzierte Datei im DXF- oder SHP-Format exportiert und in das CAD-Programm importiert werden. Noch einfacher wird es, wenn eine Anbindung an die OWS-Server direkt in der BIM-Autorensoftware möglich ist, da dann der Export aus dem GIS und Import in CAD entfällt und man jederzeit benötigte Kartenthemen hinzuladen kann.
Digitales Geländemodell
Digitale Geländemodelle (DGM) beschreiben die Geländeoberfläche durch regelmäßig im Raster verteilte georeferenzierte Höhenpunkte. Objekte auf der Geländeoberfläche wie Gebäude oder die Vegetation werden in einem DGM nicht dargestellt. Die Erfassung der Geländeoberfläche wird mittels flugzeuggestütztem Laserscanning mit Hilfe eines LIDAR-Sensors sowie der Auswertung von Luftbildern mittels Bildkorrelation realisiert.
Bereitgestellt wird von den Vermessungsämtern ein DGM mit der Rasterweite von 1 x 1 m (DGM1) in Einzelkacheln mit einer Kantenlänge von 1 km. Jede Kachel besteht somit aus 4 Mio. Höhenpunkten. Die Höhe eines Höhenpunktes wird mit einer Genauigkeit von ± 0,20 m angegeben. Die bereitgestellten digitalen Geländemodelle sind reine Punktwolken in Form von Texttabellen der Koordinaten und Höhen der einzelnen Punkte im Dateiformat einer ASCII-Cloud (XYZ).
Da in der Freiraumplanung selten ein Geländemodell dieser Ausdehnung gebraucht wird und darüber hinaus ein Geländemodell mit 4 Mio. Höhenpunkten die BIM-Autorensoftware unnötig ausbremst, ist es sinnvoll vor dem Import in einem Programm zur Punktwolkenverarbeitung den benötigten Geländeausschnitt freizustellen oder die Dichte der Höhenpunkte zu reduzieren.
Zur Erzeugung eines parametrischen Geländemodells als Planungsgrundlage in der BIM-Autorensoftware kann die Punktwolke importiert und in ein Geländemodell umgewandelt werden. Wird nur ein statisches trianguliertes Geländemodell als Umgebungsmodell benötigt, kann dieses auch direkt aus der Software zur Punktwolkenverarbeitung als 3D-Oberfläche in eine DXF-Datei exportiert werden.
Digitales Gebäudemodell
Digitale Gebäudemodelle werden in den beiden Detailierungsgraden LOD1 und LOD2 im Dateiformat CityGML zur Verfügung gestellt. Das Gebäudemodell im LOD1 ist ein einfaches Klötzchenmodell, bei dem die Höhe den Vollgeschossen entspricht und die Dächer als Flachdächer dargestellt werden. Der Detailierungsgrad LOD2 des Gebäudemodells ist für die Objektplanung deutlich interessanter, da die Gebäude detaillierter und vor allem mit ihre Dachformen modelliert sind. Verschiedene Städte bieten darüber hinaus auch ein Stadtmodell mit Fassadentexturen an. Die Gebäudemodell LOD1 und LOD2 sind kostenlos verfügbar, die texturierten Stadtmodelle müssen in der Regel gekauft werden.
Obwohl die City Geography Markup Language (CityGML) schon seit 2008 ein Open Geospatial Consortium-Standard ist, wird es aktuell nur von einigen wenigen BIM-Autorensoftwares nativ unterstützt. Teilweise ist der Import über zusätzliche Plugins möglich. Falls das nicht funktioniert, muss das Gebäudemodell vor dem Import mittels eines 3D-Model Converters in ein von der BIM-Autorensoftware importierbares Format konvertiert werden.
Digitales Landschaftsmodell
Das digitale Landschaftsmodell beschreibt die Landschaft in Form von zweidimensionalen topografischen Objekten. Diese Objekte werden als Punkte (z.B. Bäume), Linien (z.B. Verkehrswege) und Flächen (z.B. Vegetationsflächen) dargestellt. Ihre Lage und Form werden durch georeferenzierte Koordinaten definiert und ihre Eigenschaften durch Attribute beschrieben. Jedes Objekt besitzt deutschlandweit eine eindeutige Identifikationsnummer. Neben den Objekten des amtlichen Liegenschaftskataster wie Gemarkungen, Flurstücke, Gebäude und Nutzungen enthält das Landschaftsmodell zahlreiche weitere topografische Objekte, die zusammengenommen die amtliche Basiskarte darstellen.
Neben der amtlichen Basiskarte werden von den Vermessungsämtern zahlreiche weitere für die Objektplanung relevante Kartenthemen bereitgestellt. Diese Kartenthemen können entweder direkt in den Web-Applikationen der Vermessungsämter als Shape-File heruntergeladen werden oder sind über einen Geobasisdienst bereitgestellt.
Digitale Orthophotos
Orthophotos sind hochauflösende, verzerrungsfreie und maßstabsgerechte Abbildungen der Erdoberfäche. Digitale Orthophotos werden durch photogrammetrische Verfahren unter Berücksichtigung des digitalen Höhenmodells aus senkrecht zur Erdoberfläche aufgenommenen Luftbildern hergestellt. Die Befliegungen zur Aufnahme der Luftbilder finden deutschlandweit in einem Rhythmus von 2 Jahren statt, so dass mittlerweile ein historisches Archiv von Orthophotos seit den 1980er-Jahren vorliegt. Digitale Orthophotos sind georeferenziert und weisen eine Bodenauflösung von 10 cm pro Bildpixel auf. Neben echt-farbigen RGB-Orthophotos liegen auch Colorinfrarot Orthophotos vor, in den die Vegetation in deutlichen Rottönen hervortritt, so dass Abgrenzungen zwischen Vegetationsflächen, offenen Bodenflächen, Versiegelungen und Gewässern sehr leicht möglich sind.
Fazit
Die amtlichen Geobasisdaten der Vermessungsämter bilden zusammen mit dem örtlichen Aufmaß des Projektgebiets eine verlässliche und georeferenzierte Planungsgrundlage für ein BIM-Projekt. Geodaten aus anderen Quellen wie Vectorkarten aus Open Street Map, Luftbilder aus Google Maps, Gebäude- und Geländemodelle aus Google Earth haben eine deutlich geringere Genauigkeit, liegen nicht im Koordinatensystem der amtlichen Vermessung vor und sind im Falle der Google Daten copyright-geschützt, so dass sie nicht als Planungsgrundlage verwendbar sind.