Um den Stand der Digitalisierung in den Planungsbüros zu verstehen, lohnt sich ein Blick zurück in die Entwicklung unserer Arbeitsweisen.
Die Digitalisierung der Landschaftsarchitektur startete in den meisten Objektplanungsbüros mit Einführung der Personal Computer mit grafischen Benutzeroberflächen Anfang der 1990er Jahre. Die bis dahin üblichen zweidimensionalen Arbeitsprozesse der Planerstellung mittels handkolorierten Tuschezeichnungen wurden bis zum Ende des Jahrzehnts weitgehend durch digitale CAD-Zeichnungen ersetzt.
Auch die manuelle Text- und Kalkulationserstellung mittels analoger Schreibmaschinen wurde durch digitale Workflows auf Basis von Office- und AVA-Programmen ersetzt. Doch während in benachbarten Branchen wie dem Automobil-, Flugzeug- oder Maschinenbau eine konsequente Innovation hin zu durchgehend dreidimensionalen Arbeitsprozessen stattfand, verharrte die Landschaftsarchitektur bis zum Ende der 2010er Jahre in der zweidimensionalen planzentrierten Arbeitswelt. Die fehlende Innovationskraft beruhte dabei zum einen auf dem geringen Interesse der Branche die eigenen Arbeitsprozesse zu optimieren, zum anderen auf den nicht vorhandenen Software-Tools für effektive Workflows in der Landschaftsarchitektur.
Status quo ante 1930 – 1990
2D Tusche-Zeichnung aus Linien und handkolorierten Flächen. In der Planzeichnung sind Informationen zur Lage der Bauteile sowie zur Art und Materialität der Bauteile (Betonmauer, Holzfenster, ...) enthalten. Alle weiteren Informationen wie Längen und Flächengrößen müssen im Plan gemessen und manuell berechnet werden. Die ermittelten Daten werden in handschriftlichen Tabellen oder Textdokumenten gesammelt. Am Ende einer Leistungsphase dienen diese Dokumente als Quelle zur Erstellung des Abschlussberichts oder Leistungsverzeichnis.
Status quo 1990 – heute
2D CAD-Zeichnung aus Linien und colorierten Flächen strukturiert in Layer oder Klassen. In der CAD-Datei sind Informationen zur Lage der Bauteile, zur Art und Materialität der Bauteile (Weg, Wiese, ...) sowie Massen (Längen, Flächengröße, ...) enthalten. Eine 2D Zeichnung ist ein separates Objekt und enthält entweder Geometrien im Grundriss, der Ansicht oder des Schnitts. Die 2D Zeichnung sind untereinander nicht verknüpft, so dass Änderungen im Lageplan manuell in die dazugehörigen Schnitte und Details übertragen werden müssen. Die in den CAD-Zeichnungsobjekten enthaltenen Informationen sowie die Dimensionen der Zeichnungsobjekte können automatisiert in Tabellen übertragen werden. Ein Export dieser Tabellen zur weiteren Verwendung in Text- oder Kalkulations-Software ist in der Regel möglich. Da es keinen standardisierten Workflow mit offenen Dateiformaten zur Übernahme dieser Tabellen gibt, ist ein erheblicher manueller Nachbearbeitungsaufwand notwendig. Im Planungsalltag werden daher die Tabellen oftmals nur exportiert und händisch in Text- oder Kalkulationsdokumente übertragen.
Zusammenfassung
In der aktuellen planzentrierten Arbeitsweise werden 2D Pläne rechnerunterstützt konstruiert und gezeichnet. Die in den Zeichenobjekten enthaltenen Informationen können mittels Tabellen ausgewertet und exportiert werden. Zu Visualisierungszwecken werden auf Grundlage von 2D Plänen meistens geometrisch vereinfachte 3D Modelle erstellt und als Perspektiven oder Animationen gerendert. Da insbesondere die Oberflächen dieser 3D Modelle meistens nicht die exakte Höhenentwicklung darstellen, eignen sie sich nur bedingt für planungsrelevante Simulationen oder Prüfungen.
Zukünftige Arbeitsweise
Integrale 3D CAD-Modelle aus parametrischen Objekten auf Basis von 3D-Geometrien. Damit das 3D-Modell im Planungs- und Bauprozess von allen Beteiligten genutzt werden kann, lassen sich 2D-Planableitungen wie Lageplan oder Schnitt aus dem 3D-Modell generieren. Für notwendige Planungsänderungen kann die dem parametrischen Objekt zugrundeliegende 3D-Geometrie jederzeit in der Form, Lage und Höhe geändert werden. Im parametrischen Objekt sind alle Informationen zum gesamten Bauteil enthalten. Für ein Belag-Objekt können das z.B. sein: Aufbauhöhen und Materialität der Belagsschichten und Einfassungen, Belastungsklasse, Rutschfestigkeit, Kostengruppe, CO2-Fußabdruck, Winterdienst sowie beliebige für das jeweilige Projekt relevante Daten. Alle im parametrischen Objekt gespeicherten Daten sowie die räumlichen Dimensionen lassen sich standardisiert mittels des IFC-Formats exportieren. Das integrale 3D Modell enthält darüber hinaus weitere Informationen zur Struktur und Beziehung der Objekte untereinander. Da das IFC-Format ein offenes Datenformat ist können die Daten theoretisch verlustfrei zwischen verschiedenen Software Applikationen ausgetauscht werden. Ein durchgehend digitaler Workflow ohne fehleranfällige manuelle Übertragungen wird so möglich.
Neben den im Fokus der Aufmerksamkeit stehenden Prozessen der Kerntätigkeiten der Landschaftsarchitektur in der Modell-, Plan- und Kalkulationserstellung liegt ein erhebliches Potential zur Effizienzsteigerung in der Digitalisierung der planungsbegleitenden Prozesse des Daten-, Aufgaben- und Wissensmanagement sowie der Kommunikation mit den Planungsbeteiligten.
Fazit
In der zukünftigen BIM-basierten Arbeitsweise werden parametrische objektorientierte Bauwerksmodelle als geometrisch exaktes Abbild der Planungsinhalte erstellt. Alle relevanten Informationen für den Bau und Betrieb sind direkt in den Objekten gespeichert. Durch das standardisierte und offene IFC-Austauschformat können Geometrie und Informationen verlustfrei zwischen Planungspartner ausgetauscht werden. Dies ermöglicht es, detaillierte Simulationen und Prüfungen der geplanten Projekte zu erstellen, was die Kontrolle der Planungsqualität und Kommunikation der Planungsinhalte mit allen Beteiligten erleichtert und verbessert.