Grundlagen BIM

IFC · BCF · LOIN · LOD

Damit der Datenaustausch in einem BIM-Workflow unabhängig von der verwendeten BIM-Autorensoftware funktioniert, werden genormte und herstellerunabhängige Austausch- und Kommunikationsformate verwendet. Die dafür benötigten Anforderungen an die Informationstiefe und den Detaillierungsgrad der Daten werden fachdisziplinübergreifend definiert.

Themen: Datenmodell IFC, Kommunikation BCF, Informationsbedarfstiefe LOIN, Detaillierungsgrad LOD

Datenmodell IFC

Mitte der 90er Jahre begann Autodesk mit der Entwicklung eines neuen Dateiformats in dem neben der dreidimensionalen Geometrie auch Informationen über die Eigenschaften der Objekte sowie logische Verknüpfungen zwischen den Objekten gespeichert werden können. Seit 2005 wird das Format der Industry Foundation Classes (IFC) als offener Standard zur Beschreibung von digitalen Planungsmodellen von BuildingSMART e.V. International (bSI) weiterentwickelt. Softwarehersteller können die Qualität der IFC-Schnittstellen ihrer Produkte nach diesem Standard zertifizieren lassen, so dass mittlerweile ein relativ problemloser Austausch der Daten zwischen verschiedenen Bausoftwaresystem möglich ist.

IFC ISO-Standard

Auf der Homepage von BuildingSMART findet sich folgende Definition Industry Foundation Classes (IFC):

IFC oder "Industry Foundation Classes" ist eine standardisierte, digitale Beschreibung der bebauten Umwelt, einschließlich Gebäuden und ziviler Infrastruktur. Es handelt sich um einen offenen, internationalen Standard, der herstellerneutral sein soll und über eine breite Palette von Hardware-Geräten, Software-Plattformen und Schnittstellen für viele verschiedene Anwendungsfälle genutzt werden kann. Die IFC-Schema-Spezifikation ist die wichtigste technische Leistung von buildingSMART International, um sein Ziel der Förderung von openBIM® zu erreichen.

Genauer gesagt ist das IFC-Schema ein standardisiertes Datenmodell, das auf logische Weise kodiert...
...die Identität und Semantik (Name, maschinenlesbarer eindeutiger Bezeichner, Objekttyp oder Funktion) ...
...die Merkmale oder Attribute (wie Material, Farbe und thermische Eigenschaften) ...
...und Beziehungen (einschließlich Standorte, Verbindungen und Eigentumsverhältnisse) ...
...von Objekten (wie Säulen oder Platten) ...
...abstrakte Konzepte (Leistung, Kostenberechnung) ...
...Prozessen (Installation, Betrieb) ...
...und Personen (Eigentümer, Planer, Bauunternehmer, Lieferanten usw.).

Die Schemaspezifikation kann beschreiben, wie eine Einrichtung oder Anlage genutzt wird, wie sie aufgebaut ist und wie sie betrieben wird. IFC kann physische Komponenten von Gebäuden, hergestellte Produkte, mechanische/elektrische Systeme sowie abstraktere Strukturanalysemodelle, Energieanalysemodelle, Kostenaufschlüsselungen, Arbeitspläne und vieles mehr definieren.

Aktuell existieren drei offene offizielle durch internationale ISO-Normen standardisierte Versionen der IFC-Spezifikationen. Diese drei Versionen werden aufgrund der Laufzeit von Projekten wie auch der teilweise zähen Implementation der Versionen in die jeweiligen fachspezifischen Software-Tools zurzeit parallel verwendet. Welche Version im jeweiligen Projekt verwendet wird, definiert der BAP.

  • IFC2x3: Version 2.3.0.1, IFC2x3 TC1, ISO/PAS 16739:2005 veröffentlicht 2007-07
  • IFC4: Version 4.0.2.1, IFC4 ADD2 TC1, ISO 16739-1:2018, veröffentlicht 2017-10
  • IFC4x3: Version 4.3.2.0, IFC4.3 ADD2, ISO 16739-1:2024, veröffentlicht 2024-04

Die Unterschiede zwischen den Versionen beziehen sich hauptsächlich auf Ergänzungen der Klassenstrukturen und Eigenschaftsgruppen. Die Version IFC2x3 stellt den Startpunkt der praktischen Anwendung dar und ist noch sehr hochbauzentriert. In der Version IFC4 wird die gesamte Struktur stärker hierachiert und es kommen zum Beispiel übergeordnete Klassen für Tiefbauelemente und geografische Elemente hinzu. In der neuesten Version IFC4x3 kommen einige Klassen für Hafenanlagen, Bahnanlagen und Straßen hinzu.

Da in jeder Version auch Klassen der vorherigen Version entfallen, sind die Versionen weder abwärts noch aufwärts untereinander kompatibel. Daher kann die IFC-Version in einem laufenden Projekt nicht geändert werden.

Aus Sicht der Landschaftsarchitektur sollte immer in der aktuellsten Version gearbeitet werden, da erst in den Versionen ab IFC 4 spezielle Bauteile der Frei- und Verkehrsanlagen enthalten sind. Dabei ist zu prüfen, ob alle verwendeten Softwares der beauftragten Anwendungsfälle die gewünschte IFC-Version verarbeiten können.

Es ist wichtig zu verstehen, dass das IFC-Format ein statisches Austauschformat ist. Aus dem nativen Dateiformat der jeweiligen 3D-CAD-Software wird beim IFC-Export eine Datei erzeugt, die von anderen Softwaresystemen gelesen aber nicht verändert werden kann. Diese Limitierung ist urheberrechts- und haftungstechnisch von grundlegender Bedeutung für die BIM-Methodik, da nur der jeweilige Fachplaner seine Fachplanung bearbeiten darf. Alle anderen Planer, können das Fachmodell importieren und innerhalb ihrer Software anzeigen, es prüfen und sich daran ausrichten. Sie können aber keine Bestandteile diese importierten Fachmodells verändern.

Aufgrund der ISO-Zertifizierung des IFC-Formats kann darüber hinaus sichergestellt werden, dass ein im IFC-Format dokumentiertes BIM-Modell auch nach Jahrzehnten von aktueller Software gelesen werden kann.

Kommunikation BCF

Im klassischen 2D-Workflow der Objektplanung erfolgt die Kommunikation über die Planungsinhalte mittels Planunterlagen, die mit erläuternden Kommentaren, Prüfeinträgen oder Skizzen zwischen den Beteiligten ausgetauscht werden. Für den 3D-Workflow der BIM-Methodik wurde das BIM Collaboration Format (BCF) entwickelt. In einer Datei im offenen XML-Standard werden direkt in der 3D-Ansicht des BIM-Modell Informationen zur Modellansicht (Blickpunkt und -richtung; welche Objekte sind ein- oder ausgeblendet) sowie zur anstehenden Planungsaufgabe (zuständiger Fachplaner, Fragestellung, Lösungsvorschlag oder ähnliches) gespeichert. Diese BCF-Datei kann von jeder BIM-Software im- und exportiert werden, so dass der Empfänger in seinem BIM-Modell an die entsprechende Modellansicht geführt wird und die Planungsaufgabe prüfen und kommentieren kann. Über einen erneuten Export gelangt die BCF-Datei inklusive der hinzugefügten Kommentare wieder zurück an den Sender. Der gesamte Austauschprozess wird ebenfalls in der Datei protokolliert, so dass leicht nachvollziehbar ist, wie eine Planungsaufgabe abgearbeitet wurde.

BCF BIM Collaboration Format

Der Austausch der BCF-Dateien erfolgt in der Regel automatisiert und cloudbasiert über eine Schnittstelle im Issue-Tracking-System (siehe Kapitel Issue-Tracking-System) zwischen den beteiligten 3D-CAD-BIM-Programmen. Ein manueller Export inklusive E-Mail-Versand der BCF-Datei ist somit nicht notwendig (siehe auch Kapitel Kommunikation Fachmodellprüfung per BCF Kommunikation Fachmodellprüfung per BCF).

Informationsbedarfstiefe LOIN und Detaillierungsgrad LOD

Eines der kontroversesten Themen bei der Einführung der BIM-Methodik ist die Diskussion um Planungstiefe und -inhalt, der benötigten Informationstiefe der Planung (Level of Information Need LOIN) und die Verortung in der jeweiligen Leistungsphase der HOAI. Viele Diagramme aus der Anfangsphase der Entwicklung der BIM-Methodik bezüglich des Planungsaufwands bei Änderungen des Planungsinhalts wurden so interpretiert, dass Leistungen aus der Leistungsphase 5 (Ausführungsplanung) und 6 (Vorbereitung der Vergabe) in die Leistungsphase 3 (Entwurfsplanung) verschoben werden sollten. Diese auch aktuell noch oft geäußerte Annahme ist aus meiner praktischen Erfahrung nicht richtig.

Der Leistungsumfang im BIM-Prozess entspricht dem Leistungsumfang der Leistungsphasen der HOAI. In der BIM-Methodik werden die Anforderungen zu Planungsinhalten und -maßstäben der HOAI durch Anforderungen an die Informationstiefe von 3D-Geometrie und Attribuierung der Bauteile sowie von planungsrelevanten Dokumenten präzisiert. Eine Verlagerung von Leistungen aus höheren in niedrigere Leistungsphasen der HOAI ist konzeptionell nicht beabsichtigt.

Für die Landschaftsarchitektur ist die folgende Darstellung der Detaillierungsgrade des BIM-Fachmodell LA nach Leistungsphasen sinnvoll.

LOD 100 bis 500 in der Landschaftsarchitektur

Das Konzept der Informationstiefe beruht auf der Definition der Anforderungen an eine Planungsleistung, die im AIA und BAP für das jeweilige Projekt festgelegt wird:

  • Zweck: Wozu wird die Information benötigt?
  • Zeitpunkt: Wann wird die Information benötigt?
  • Beteiligte: Wer benötigt die Information?
  • Lieferobjekt: Was enthält die benötigten Informationen?

Diese vier Fragen führen zu einem Lieferobjekt, d.h. einer Planungsleistung mit einer definierten Informationstiefe. Die Planungsleistung oder das Lieferobjekt enthalten geometrische und alphanumerische Informationen und Dokumente in einem Detaillierungsgrad entsprechend der Leistungsphase der HOAI. Wobei es zu den neun Leistungsphasen der HOAI nur fünf Detaillierungsgrade von LOD 100 bis LOD 500 gibt. Eine verbindliche Definition der Detaillierungsgrade existiert nicht. Hier ist immer der Abgleich zu den Anforderungen der HOAI sinnvoll.

BIM LA

 

Matthias Funk
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