Zu den Grundlagen der Planungsmethodik BIM gehört auch ein grundlegendes Verständnis der Honorierung dieser Leistungen entsprechend der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Die letzte Novellierung der HOAI erfolgte im Juli 2013 ohne Anpassungen oder Hinweise an eine eventuell zukünftig stärker digitalisierte Arbeitsweise der Architekten und Ingenieure im Rahmen der BIM-Methodik. Wie ein BIM-Projekt im Rahmen der bestehenden HOAI anhand von Anwendungsfällen honoriert werden kann, wird in diesem Kapitel dargestellt.
Themen: HOAI, Leistungsphasen, Grundleistungen, Besondere Leistungen, Anwendungsfälle BIM
Seitdem sind insbesondere zwei Veröffentlichungen zur Einordnung der BIM-Methodik in den Planungsprozess und die Honorierung der HOAI erschienen:
- Bundesarchitektenkammer (BAK): BIM für Architekten – Leistungsbild, Vertrag, Vergütung. Berlin 2020. » Download
- Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung (AHO): Nr. 11 Leistungen Building Information Modeling – Die BIM-Methode im Planungsprozess der HOAI. AHO-Arbeitskreis Building Information Modeling (BIM), Berlin 2019.
Leider fehlt das Leistungsbild der Freianlagen in beiden Veröffentlichungen. Dennoch sind die Inhalte der Leistungsbilder Gebäude, Verkehrsanlagen und Technische Ausstattung sinngemäß auch für die Landschaftsarchitektur anwendbar.
In einer zukünftigen Novellierung der HOAI 202X werden wahrscheinlich ergänzenden Klarstellungen und zusätzliche Besonderen Leistungen unter Verwendung der BIM-Methode in die Leistungsbilder aufgenommen werden. Im Rahmen dieses Novellierungsprozesses wurde in der AHO-Arbeitsgruppe "Hochbau und BIM" ein BIM-Regelprozess erarbeitet, der integraler Bestandteil der vorhanden Leistungsbilder werden soll. Auch wenn dieser Prozess erstmal nur für den Hocbau entwickelt wurde, kann dieses Grundprinzip aus Regelprozess und Besonderen Leistungen auch für die Objektplanung der Freianlagen übernommen werden. Grundsätzlich bleibt im Regelprozess die klassische Zuordnung der Leistungen zu den Leistungsphasen bestehen; sollte in einem BIM-Projekt vom Bauherrn gewünscht werden, Leistungen im Sinne der HOAI in frühere Leistungsphasen vorzuziehen, wäre das als Besondere Leistung zu vergüten. Solange es noch keine novellierte HOAI 202X gibt, muss bei Vertragsschluss auf eine exakte Definition und Honorierung von Grundleistungen und Besonderen Leistungen geachtet werden.
Grundsätzlich sind die Leistungsbilder der HOAI methodenneutral formuliert, so dass die Landschaftsarchitekt*innen dem Auftraggeber einen Werkserfolg wie eine Entwurfsplanung inkl. Kostenberechnung schulden. Ob diese Planungsleistung analog mit Zeichenstiften, in einer 2D-CAD-Software oder im Rahmen einer BIM-Arbeitsmethodik erstellt wird, ist für den Werkserfolg unerheblich. Das Preisrecht ändert sich aufgrund der verwendeten Arbeitsmethode nicht. Daher lässt sich aus der verwendeten Arbeitsmethodik auch keine Honoraranpassung ableiten.
Das von Landschaftsarchitekt*innen oft vorgebrachte Argument, dass eine 3D-Freiraumplanung grundsätzlich aufwändiger als eine 2D-Freiraumplanung ist, kann nicht wirklich überzeugen. Denn sowohl in einem 2D- wie in einem 3D-Workflow müssen Gelände- und Deckenhöhen geplant und mit den dazugehörigen Gefällen in einen Lageplan eingetragen und laufend an Planungsänderungen angepasst werden. Wer die entsprechenden 3D-Software-Tools beherrscht, ist dabei in der Regel in einem 3D-Workflow mit automatischer 2D-Planableitung schneller und fehlerfreier als bei einer manuellen Arbeitsweise mit Taschenrechner und händisch eingetragenen Höhenpunkten. Ähnliches gilt für 2D-Symbol Bibliotheken im Vergleich zu einem Katalog aus 3D-Objektsymbolen. Werden konsequent 3D-Objekte verwendet, sind Schnitte, Ansichten und Perspektiven ohne zusätzlichen Aufwand bei der Erstellung von Schnittzeichnungen oder zur perspektivischen Modellierung aus dem BIM-Modell ableitbar.
Ein Effektivitätsgewinn durch einen 3D-Workflow ist also durchaus denkbar. Das dieser aktuell oftmals noch nicht erzielt wird, liegt eher an den fehlenden Fachkenntnissen der Planenden als an der Komplexität der 3D-Modellierung. Der dazu notwendige Fortbildungsaufwand kann natürlich nicht über das Honorar an den Auftraggeber weitergegeben werden, sondern stellt eine Investition des Planungsbüros dar.
Dennoch sind BIM-Projekte oftmals deutlich aufwändiger in der Bearbeitung, da der BIM-Prozess viele Leistungen außerhalb der durch die HOAI abgedeckten Leistungsbilder der Projektplanung und der Projektrealisierung umfasst. So umfasst der Bauwerkslebenszyklus Leistungen der Projektvorbereitung, die zeitlich und inhaltlich vor den Leistungsbildern der HOAI liegen und Leistungen des Projektbetriebs, die erst nach Abnahme des Bauprojekts erfolgen. Viele dieser Leistungen erfordern zusätzliche Anwendungen und Anforderungen, die im Rahmen des Planungsprozesses durch die Landschaftsarchitekt*innen erbracht werden. Sie sind als zusätzliche besondere Leistungen zu vergüten.
Zum Verständnis der Abgrenzung zwischen Grundleistungen und Besonderen Leistungen folgen einige Beispiele aus verschiedenen Leistungsphasen, über die eine vertragliche Vereinbarung mit dem Auftraggeber sinnvoll ist. Da die Honorierung von BIM-Leistungen rechtlich nicht abschließend geklärt ist, kann eine qualifizierte rechtliche Beratung insbesondere bei größeren Projekten erforderlich sein. Zur Beurteilung, ob eine Leistung eine Grundleistung oder eine Besondere Leistung ist, können auch die vereinbarten Anwendungsfälle auf Übereinstimmung mit der HOAI geprüft werden. Bei einigen Anwendungsfällen wie Bestandserfassung und -modellierung, Visualisierung, Logistikplanung und Inbetriebnahmemanagement ist es eindeutig, dass es sich dabei um besondere Leistungen im Sinne der HOAI handelt.
LPH 1 Grundlagenermittlung
Da aktuell auch auf Auftraggeberseite noch erhebliche Unsicherheiten bezüglich der Inhalte der BIM-Methodik im Leistungsbild der Freianlagenplanung vorhanden sind, besteht hier oftmals ein erheblicher Beratungsbedarf zur BIM-Methodik in Form von Überarbeitung und Anpassung von AIA und BAP, zur Implementierung der CDE und zu grundlegenden BIM-Prozessen wie der Kollisionsprüfung. Die Aufstellung eines Katalogs von Attributen, die zum Betrieb und zur Unterhaltung der Freianlagen nach Fertigstellung vom Facility-Management genutzt werden, ist eine Leistung, die deutlich über den Leistungsumfang der HOAI hinaus geht. Diese Leistungen des BIM-Managements der Freianlagen sind als besondere Leistungen zusätzlich zu honorieren.
Das Erstellen eines Bestandsdatenmodells als Grundlage des BIM-Prozesses auf Grundlage einer Vermessung, eines Bodengutachtens oder einer Biotopkartierung ist analog zur Erstellung eines Bestandsplans eine besondere Leistung.
LPH 2 Vorplanung
Die Erstellung eines dreidimensionalen digitalen Fachmodells im Detaillierungsgrad des jeweiligen Leistungsphase der Freianlagenplanung ist eine Grundleistung in dieser und allen folgenden Leistungsphasen. Ebenso die Kostenberechnung auf Basis der aus dem BIM-Modell abgeleiteten Mengen. Sobald der Auftraggeber aber besondere Anforderungen an die Modellierung oder Attribuierung stellt, wie einen erhöhten Detaillierungsgrad oder eine Attribuierung entsprechend seines auftraggeberseitigen Anlagenkennzeichnungssystem, werden besondere Leistungen gefordert. Auch die Aufbereitung und Integration von Fachmodellen anderer Beteiligter, ein sehr kurzfristiger Turnus zur Bereitstellung von kollisionsfreien Fachmodellen oder die Erstellung mehrerer alternativer Planungsvarianten als eigenständige BIM-Modelle sind besondere Leistungen.
LPH 3 Entwurfsplanung
Bei einer stufenweisen Beauftragung von BIM-Projekten wird seitens der Auftraggeber gerne die Abgabe eines BIM-Modells in einem nativen bearbeitbaren CAD-Format am Ende der LPH 3 gefordert, so dass der AG die Möglichkeit erhält, mit einem anderen Planer oder Generalunternehmer das Projekt weiter zu bearbeiten. Sollte dies in der verwendeten CAD-Software im gewünschten Format überhaupt möglich sein, erfordert dieser Export einen zusätzlichen Mehraufwand zur Bereinigung des BIM-Modells. Denn in einem nativen CAD-Format wird ein erheblicher Anteil des Wissens und Kapitals eines Planungsbüros in Form der parametrischen Objekte oder Objektfamilien übergeben. Entweder müssen diese Objekte manuell in einfache Volumenkörper umgewandelt werden, was ein zusätzlicher Aufwand ist, oder die Übergabe der parametrischen Objekte muss vergütet werden.
LPH 4 Genehmigungsplanung
Die Übergabe von Bauanträgen in Form von IFC-Modellen ist bisher erst in einigen wenigen Pilotprojekten erprobt worden. Zur Erstellung eines baurechtlich automatisiert prüfbaren IFC-Modells sind zahlreiche Abstimmungen, Probeläufe und Anpassungen an eine baurechtskonforme Modellierung mit der Genehmigungsbehörde notwendig. Die Modellierung eines baurechtskonformen BIM-Modells stellt aktuell noch einen erheblichen Mehraufwand dar.
LPH 5 Ausführungsplanung
In der Ausführungsplanung sind neben den Planableitungen der Lagepläne und Schnitte aus dem BIM-Modell weitere in der Regel zweidimensionale Detailzeichnungen in den Maßstäben 1:50 bis 1:10 notwendig. Eine generelle Modellierung des BIM-Modells in einer Detaillierung entsprechend der Maßstäbe der konstruktiven Details ist für den BIM-Planungsprozess nicht notwendig. Sollte der Auftraggeber dies einfordern und es software-technisch realisierbar sein, ist das eine besondere Leistung.
Für das spätere Facility-Management kann es sinnvoll sein, auch im Freiraum ein Raumsystem zu verwenden, in das zusätzliche Informationen für den Betrieb und die Unterhaltung der Freianlagen abgelegt werden. Die Erstellung diese Raumsystems ist eine besondere Leistung.
Dies gilt ebenso für digitale Bemusterungen, bei denen die zur Wahl stehenden Oberflächen und Bauteile als Varianten modelliert werden, so dass der Auftraggeber im BIM-Modell entsprechende Visualisierung prüfen und eine Auswahl treffen kann. Wie auch für visualisierte Bauablaufplanungen am BIM-Modell.
LPH 8 Objektüberwachung und Dokumentation
Fast alle BIM-Anwendungsfälle der Leistungsphase 8 wie die Erstellung eines Baulogistikmodell, das Erfassen des Baufortschritts im digitalen Modell und das modellbasierte Mängelmanagement sind besondere Leistungen. Und die BIM-Anwendungsfälle, die über die Leistungsphasen der HOAI hinausgehen, wie die Erstellung eines As-build-Modells, in dem alle Werkplanungen und Bemusterungsergebnisse nachmodelliert werden sowie das Facility-Management-Modell inklusive aller Wartungs- und Unterhaltungsanweisungen sind natürlich zusätzliche Leistungen, die erheblichen Aufwand erzeugen.
Wie an diesen Beispielen hoffentlich deutlich geworden ist, gibt es einigen Verhandlungsspielraum zur Honorierung von BIM-Leistungen als besondere Leistungen im Sinne der HOAI.